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Irren ist menschlich

zum Nachdenken und Schmunzeln

(„Errare humanum est, turpe autem in vitiis recidisse“)

 

Mal Hand aufs Herz: Haben Sie auch schon einmal in einer Diskussion hartnäckig eine Meinung zu einem Thema vertreten, von dem Sie nicht die geringste Ahnung hatten und über das Sie bestenfalls durch einen kurzen Artikel in einer Boullevard-Zeitung informiert waren? Dies ist nicht weiter schlimm und durchaus menschlich. Nicht unproblematisch ist dagegen, wenn man den zufällig aktuellen Stand des Wissens zur offiziellen Lehrmeinung erhebt und wie in der Medizin zu oft üblich, dogmatisch keine Abweichungen zulässt. Welche gigantischen Möglichkeiten einer positiven Entwicklung verbaut man sich mit dieser so einseitigen „Anti“-Therapie. Lernen wir doch einmal aus der Sicht unserer vermeintlichen Gegner und blättern im Tagebuch von Herrn Staphylokok: 

„Nachdem wir Bakterien über Jahrhunderte hinweg die Menschen in Angst und Schrecken versetzt haben, findet so ein gewisser Herr Fleming, nur weil er sein Labor nicht ordentlich sauber gemacht hat, im September 1928 diesen fürchterlichen Pilz, das Penizillin. Mit der heutigen Hygiene kann dies nicht mehr passieren. Diese „Wunderwaffe” wurde jedoch, typisch träge Menschen, erst 1943 nach Forschungserfolgen von Florey und Chain hergestellt und großflächig gegen uns eingesetzt. Trotzdem ist es einigen von uns bereits 1947 gelungen, Resistenzen dagegen aufzubauen. Wir haben uns bis heute z.B. durch Bildung von Betalaktamase aber auch einiges einfallen lassen. Der erfreulich sorglose und unreflektierte Einsatz von Antibiotika, z.B. bei Erkrankungen der Atemwege, die zu 80 % viral bedingt sind (Prof. Adam, Gesundes Leben, 1/2000), die dadurch bewirkte Supprimierung des Immunsystems (Prof. Beuth, Ärzte-Zeitung 09.01.2001), sowie die phantastisch breite Anwendung in der Massentierhaltung (nur zum angeblich schnelleren Wachstum!) haben unser Bemühen nach neuen Resistenzen phantastisch erweitert. Derzeit müssen wir nur noch das letzte Reservegeschütz Vancomycin bzw. als ultima ratio das Linezolid fürchten. Mit unserem Verwandten, dem methicillinresistenten Staphylococcus aureus haben wir uns bis auf einen Schritt wieder an die Seuchen des Mittelalters herangekämpft. Hoffentlich werden die Menschen nicht so schlau wie die Bienen und überlegen sich, warum deren Kittharz/Propolis bewirkt, dass die Atmosphäre im Bienenstock mit weniger Mikroorganismen belastet ist, als die Außenluft, oder warum es seit über 35 Millionen Jahren die staatenbildenden Honigbienen gibt, bis heute aber keine Resistenzen von Mikroorganismen gegenüber Propolis bekannt geworden sind. Vielleicht werden zu Gunsten von uns Bakterien noch viele Heilpflanzen verboten oder aus Arzneimitteln eliminiert, obwohl bekannt ist, dass die in Zwiebel, Knoblauch, Meerrettich oder Kapuzinerkresse vorhandenen Senföl-Glykoside als „pflanzliches Antibiotikum“ noch in einer Verdünnung von 1:100.000 das Wachstum von Schimmel verhindert und z.B. Allicin 1:125.000 verdünnt das Wachstum von grampositiven und gramnegativen Kollegen hemmt. Ein emulgierter Ölextrakt von Tropaeolum zeigte sogar bis zu einer Verdünnung von 1:1.000.000 eine Wachstumshemmung gegenüber Staphylococcus aureus, eine beängstigende und existenzgefährdende Vorstellung.” 

Ein weiteres Kapitel aus dem Tagebuch: „Aber genauso frustriert bin ich, ein anderer bakterieller Kollege: Da existiere ich, gemeinsam mit anderen Freunden, schon seit Jahrhunderten als spiralförmiger Keim im Magen der Menschen und werde erst 1983 zunächst noch als Campylobacter-like-organism durch ein Schreiben der beiden australischen Wissenschaftlicher Warren und Marshall an die Fachzeitschrift „Lancet“ bekannt, nur weil irgendein Ignorant immer behauptet hatte, dass es keine Mikroorganismen geben könne, die im sauren Milieu des Magens überleben und zudem pathogen sind. Ich schützte mich doch so einfach mittels des Enzyms Urease, das Harnsäure abbaut und dabei um mich herum eine Wolke von (schützendem) basischem Ammoniak entstehen lässt. Bei 40 % der Bevölkerung bin ich zu Hause, aber nur knapp 1/5 der Infizierten bekommt irgendwann einmal einen Ulkus. Aber weil die einfältigen Menschen nur getreu dem alten wie falschen Motto „Nur ein toter Helicobacter ist ein guter Helicobacter“ denken können, haben sie beschlossen, mich wie üblich mit Antibiotika auszurotten. Aber ich bin ja nicht dumm: Wurden Patienten einer Eradikationstherapie (einwöchige Einnahme von Protonenpumpenhemmer plus zweierlei Antibiotika gleichzeitig!) unterzogen zeigte sich häufig, dass ich bereits nach einem Zeitraum von sechs Wochen schon wieder nachweisbar war. Aber obwohl ich auch schon wieder z.T. gegen die Antibiotika wie Metronidazol oder Clarithromycin resistent geworden bin, hat sich erfreulicherweise noch nicht überall herumgesprochen, dass mir die einfache Lakritze bzw. die Süßholzwurzel viel mehr zu schaffen machen (Ärztezeitung für Naturheilkunde 5/2003). Auch meiner Freundin der Salmonella setzen zur- zeit weniger die Antibiotika als vielmehr der Koriander zu (Ärzte-Zeitung 26.05.2004). Derweil haben die Menschen noch immer nicht eingesehen, wie nützlich ich Helio bin: Verschwinde ich nach einer Eradikation, können Oberbauchbeschwerden mit funktioneller Dyspepsie, Völlegefühl, Sodbrennen, Übelkeit und Meteorismus trotzdem weiterbestehen, häufig treten dann erst neuartige Refluxbeschwerden auf. Zum Dank synthetisiere ich Peptide, die andere Bakterien wie Escherichia coli und Bacillus megaterium töten und schütze zumindest Kinder nicht unerheblich vor infektiösen Durchfall-Erkrankungen. Zählt das heute alles nichts mehr?“ 

Übrigens heißt die Überschrift vollständig: „Errare humanum est, turpe autem in vitiis recidisse“, was heißt: „Irren ist menschlich, schändlich ist es jedoch, in die (alten) Fehler wieder zurückzufallen“! 

Dieter Fendt

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